INTER-EST/ Das Recht, ein Mensch zu sein II / Kunstverein Ulm

 
INTER-EST = WAS DAZWISCHEN LIEGT
[In·te·r·ẹs·se] – dazwischen sein
 
… dazwischen sein … und gleichzeitig mittendrin sein …
… zwischen den Welten der darstellenden und der bildenden Kunst
und gleichzeitig mitten in einer Allianz aus beidem …
… zwischen den Akten der Destruktion und der Konstruktion
und gleichzeitig mitten in einer Installation aus beidem
… zwischen den Stadien der Vergangenheit und der Gegenwart …
und gleichzeitig mitten in einer Synthese aus beidem …
… zwischen Menschen aus Musik und Schauspiel …
und gleichzeitig mitten in der Regie von beidem.
Marianne Hollenstein geht dazwischen und verbindet gleichzeitig. Sie bewegt sich und bewegt, spürt auf und spürt. Sie hinterlässt Spuren. 

Ihre Kunstprojekte führen Farbe, Form Raum und Bewegung zusammen, lassen neue Sinnerfahrung zu und regen neue Sinngebung an.
Ihr Blick geht zurück zu Hannah Arendt, deren Werk und Wort, deren Denken sie antreibt in ihrem künstlerischen Tun, nach vorne zum Publikum, zu den Menschen, zwischen denen sie aufgreift und ausformt. Dies geschieht spontan, nicht vorhersehbar, nicht vorhersagbar, unterbewusst.
„Denken braucht freien Raum, also schaffe ich visuell einen Denk-raum, dessen formale Spannung ein Ort des Unterbewussten wird.“
In der Mitte des Raumes entsteht eine begehbare Skulptur aus wiederverwerteten Holzfragmenten, eigentlich verbraucht, verblasst, wertlos, ähnlich den Menschenrechten, wenn sie missachtet, vergessen und verletzt werden.
Dass die Vergangenheit, Vergessenes, Verletztes überschrieben und übermalt und neu gedeutet werden können, zeigt Hollenstein, wenn sie in der ihr eigenen Rhythmik und Symbolik mit Farbe den Raum erobert, begleitet von Klängen, Tanz und Texten.  
Dabei mutet ihr Takt, ihr Tun an wie ein Spaziergang zwischen inneren und äußeren Welten, auf den sie ihr Publikum mitnimmt, so dass zu ihrem Rohmaterial nicht nur Raum, Farbe und Holz wird, sondern auch die Geschichten in den Gesichtern der Menschen.
Das Recht ein Mensch zu sein, seine Geschichte zu haben, sein Gesicht zu wahren, aber auch zu zeigen, gesehen und gespiegelt zu werden, das bewegt Hollenstein und damit bewegt sie. Damit hinterlässt sie Spuren.

 

Anika Raendchen